die JungfrauPraxis

Bereits im Jahre 2010 war in der damals tätigen Ärzteschaft der Region Bödeli absehbar, dass sich ab 2015 wegen der altersbedingten Praxisschliessungen einiger Hausärzte ein Engpass in der hausärztlichen Versorgung der lokalen Bevölkerung ergeben wird. Die nachfolgende Generation von Hausärztinnen und Hausärzten bevorzugt heute die Arbeit in grösseren Praxen im Angestelltenverhältnis. Die hausärztliche Einzelpraxis ist ein Auslaufmodell.

Die damalige Evaluation ergab bereits klar, dass der östliche Teil der Bödeliregion bald deutlich unterversorgt sein würde (Praxisschliessungen in Bönigen, Matten bei Interlaken und Interlaken selbst), weshalb Projektarbeiten für eine Grosspraxis aufgenommen wurden. Diese ergaben, dass längerfristig (dh. bis 2025) Bedarf für eine hausärztlichen Grosspraxis mit Platz für bis sechs vollzeitlich arbeitende Hausärztinnen und Hausärzte besteht.

Mit dem Umzug der Raiffeisenbank Jungfrau im 2012 in die heutigen neuen Gebäude wurden Gewerbeflächen direkt beim Bahnhof Interlaken Ost an bester Lage frei, die für den Bau einer Gruppen-Hausarztpraxis bestens geeignet waren. Das Projekt musste aber aus diversen Gründen wieder fallen gelassen werden. Einerseits entstand im gleichen Zeitpunkt auf Initiative zweier bestandener Hausärzte das Ärztezentrum Interlaken, das eine klare Entspannung der Hausärztemangelsituation brachte. Andererseits konnten andere Hausärzte nicht motiviert werden, eine neue Praxis im Bereich des Bahnhofes Interlaken Ost anzustossen.

Mit der Gründung des HausarztNotfall Interlaken (HANI) mit Standort am Spital fmi Interlaken konnte mindestens das Problem der ambulanten Notfallversorgung der Bödeli-Bevölkerung entschärft werden. Die Langzeitbetreuung von chronisch erkrankten Personen konnte damit aber weiterhin nicht genügend angeboten werden. Darum wurde die Idee einer Hausarzt-Grosspraxis wieder aufgenommen und diverse Möglichkeiten für Räume erneut evaluiert. Bestehende Gebäude um den Bahnhof Interlaken Ost waren für ein solches Projekt aber nicht geeignet.

Das Gebäude des von Allmen Wohncenters beim Ostbahnhof wurde an die Griwa Group verkauft und sollte umgenutzt werden. Dies auch im Rahmen der Standortförderung Interlaken Ost. So wurde die alte Idee der hausärztlichen Grosspraxis wieder aufgenommen und ein Grobkonzept erarbeitet. Dabei wurden die heutigen Räume im ersten Stock des JungfrauCenters für die Hausarztpraxis vorgesehen. Es war wichtig, die Praxis mit einem eigenen Eingang, getrennt von allen anderen Zugängen in die Wohnungen der oberen Stockwerke und anderen gewerblichen Räume, zu bauen.

Für die weitere Planung der Praxis konnte die Unterstützung des Ärztenetzwerkes mediX Bern AG, das auch in Unterseen die Stedtli-Praxis und an mehreren anderen Standorten im Kanton Bern den Aufbau ärzteeigener hausärztlicher Grosspraxen mitfinanziert hat, gewonnen werden. Ebenfalls konnte der damalige Gemeindepräsidenten der Gemeinde Interlaken den Gemeinderat Interlaken überzeugen, das Projekt JungfrauPraxis mit einem Planungskredit anstossen zu helfen. Die Gemeinde Interlaken bewilligte ein Darlehen zur Praxisplanung im 2018. Die Griwa Group war bereit, den Bau der Praxis vorzufinanzieren und bei Eröffnung einen Mietvertrag abzuschliessen.

Damit waren die Hauptbedingungen zur Umsetzung der alten Idee einer Hausarzt-Grosspraxis im Bereich des Bahnhofes Interlaken Ost optimal erfüllt: zentraler Standort, Räume mit gutem Zugang, Ausbaumöglichkeiten für andere medizinische Angebote in unmittelbarere Nähe, gesicherte Planungsfinanzierung.

Dass die Suche nach Hausärztinnen und Hausärzten schwierig sein wird, war allen bewusst. Es wurden unzählige Kontakte ausgenützt, Besichtigungen mit Ärztinnen und Ärzten durchgeführt und auf allen verfügbaren Kanälen nach geeigneten Ärztinnen oder Ärzten gesucht.

Die Bauarbeiten schritten vor allem im südlichen Teil der Praxis zügig voran. Eine Teileröffnung noch im 2018 wurde ins Auge gefasst, falls geeignete Gründungsärztinnen oder -ärzte gefunden würden. Leider konnte dies aber nicht umgesetzt werden. Trotzdem wurde der Bau und die intensive Suche nach Hausärztinnen und Hausärzten weitergeführt.

Weil keine Hausärztinnen oder Hausärzte gefunden werden konnten, musste eine Inbetriebnahme der per Herbst 2019 fertiggestellten Praxisräume weiter verschoben werden. Diverse andere Nutzungsmöglichkeiten der Praxisräume wurden erörtert, aber wieder verworfen.

Durch den Weggang und weitere Pensionierungen in der Hausärzteschaft der Region hat sich wie erwartet die medizinische hausärztliche Versorgung der lokalen Bevölkerung deutlich verschlechtert. Viele Patientinnen und Patienten haben sich nach Spiez oder Brienz umorientieren müssen, Pflegeheime wurden neuerdings von auswärtigen ärztlichen Firmen betreut, für die Region Interlaken eine unschöne Entwicklung. Immer dringender wurde damit die Eröffnung einer modernen hausärztlichen Grosspraxis.

Per Dezember eröffnete die Lungenliga Bern eine Filiale in den Räumen JungfrauPraxis. Damit wurde die Praxis erstmals von Patienten genutzt.

Die Suche nach geeigneten Ärztinnen und Ärzten wurde weitergeführt und im Spätherbst konnte ein erster Vorvertrag abgeschlossen werden. Somit war ein Start der Praxis per Sommer 2021 möglich. Die weitere Suche verlief per Februar 2021 erfolgreich und der Starttermin konnte fixiert werden.

Die Finanzierung der Praxis wurde aktualisiert und die Gründung der Firma an die Hand genommen. Das Interesse an der Praxis in diesem Bereich war gross. Die Detailplanung konnte nun gestartet werden.

Die Evaluation für weitere medizinische Angebote in der JungfrauPraxis wurden intensiviert.

Im April wurde die Firma JungfrauPraxis Interlaken AG durch vier Ärztinnen und Ärzte der Region Interlaken zusammen mit dem Ärztenetzwerk mediX Bern AG und dem ärzteeigenen Labor medics AG in Bern gegründet.

Seither wurden alle notwendigen Verträge mit dem Vermieter, dem Personal, den Ausrüstern und Zulieferern fertiggestellt.

Die ersten Patientinnen und Patienten können, in einer modernen, zentral gelegenen, bestens zugängigen Hausarzt-Grosspraxis beim Bahnhof Interlaken Ost am 5.7.2021 begrüsst werden!